Ingenieurbüro für EMV

Dipl.-Ing. Heinz Lindenberger

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Schirmungen

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Leitungsschirm-01

Im Bild ist eine einfache Leitung zu sehen, die an 2 Punkten mit einer leitenden Platte (z.B. Alu-Blech) verbunden ist.


Fällt jetzt ein externes Magnetfeld durch die von der Leitung und der Platte aufgespannte Fläche, läßt sich eine dadurch in die Leitung induzierte Spannung an einer belibigen Stelle der Leitung messen, wenn sie dort aufgetrennt wird (wie im Bild bei Uind).


Die Spannung Uind ergibt sich dabei gemäß der nachfolgenden Formeln:

Formeln-01
Uind

Prinzip der Schirmung von Leitungen gegen magnetische Wechselfelder

Im Diagramm ist Uind (als V(uind) bezeichnet) in Abhängigkeit von  der Frequenz zu sehen


Die abgebildeten Werte ergeben sich für einen magnetischen Fluss von 1 nWb         0 dB entspricht 1 V        -60 dB entspricht 1 mV

Leitungsschirm-02

Wird eine Kurzschlussleitung (Leitung 2) wie im obigen Bild dicht neben Leitung 1 angebracht, strömt der magnetische Fluss auch durch die Fläche der Kurzschlussleitung – und bewirkt eine Reduzierung der induzierten Spannung in Leitung 1.


Der magnetische Fluss durch Leitung 2 bewirkt den Strom I2, der seinerseits ein magnetisches Gegenfeld hervorruft, das auch in der Leitung 1 wirkt (Gegeninduktivität):

Formeln-1-2

mit


M12  =  Gegeninduktivität zwischen Leitung 1 und Leitung 2

L2    =   Induktivität der Leitung 2

R2   =   Ohmscher Widerstand der Leitung 2

Formeln-3

Uind(ω) oder vereinfacht geschrieben Uind läßt sich wie in (3) dargestellt umformen:

Den Term in der rechteckigen Klammer kann man dabei als Reduktionsfaktor der Kurzschlussleitung auffassen

Kopplungsfaktor

läßt sich Formel (3) wie folgt darstellen:

Formeln-4

Für L1 = L2 = L ergeben sich dann diese Vereinfachungen:

Formeln-5

und

Formeln-6

wenn zusätzlich gilt     k = 1

Aus (3) bis (6) folgt:


- Damit Uind möglichst klein wird, müssen beide Leitungen möglichst eng miteinander verkoppelt sein

  (M12 ≈ L2, wenn Leitung 2 den Schirm von Leitung 1 darstellt)


- Die Wirkung des Schirms ist umso besser, je geringer  der Widerstand des Schirms und der Kontaktierung ausfällt


- Die Schirmwirkung geht in Richtung niedriger Frequenzen (< 1 kHz) relativ schnell gegen Null


- Zur Erhöhung der Schirmwirkung können magnetische Werkstoffe, z.B. Ferrite oder nanokristalline Kerne, verwendet werden –

  falls der Strom auf dem Schirm nicht so  hoch ist, dass die Kerne in Sättigung gehen

Uind0-Uind1

Simulation der Schirmwirkung von Leitungsschirmen

Simulation der Schirmwirkung für 100 mOhm Schirmwiderstand ( = Zt ) bei einer Induktivität von 1 uH für Leitung 1 und 2 und einem Kopplungsfaktor k von 0.9995  

   

V(uind0) ist die induzierte Spannung in Leitung 1 ohne Schirmleitung, V(uind1) ist die Spannung in Leitung 1 mit Schirmleitung

(Leitung 2)

Uind0-Uind1-dB

Die grüne Kurve V(uind1)/V(uind0) zeigt die Schirmdämpfung in Abhängigkeit von der Frequenz

(Zt = 100 mOhm, L1 = L2 = 1 uH und k = 0.9995)


Analog zum Verlauf der roten Kurve V(uind1) steigt die Dämpfung von etwa 10 kHz bis etwa 10 MHz stetig an - um dann konstant zu bleiben

Uind0-Uind1-dB-10mOhm

Frequenzverlauf für Zt = 10 mOhm   (und L1 = L2 = 1 uH und k = 0.9995)


Mit dem um Faktor 10 geringeren Schirmwiderstand Zt, beginnt die Dämpfungswirkung schon ab 1 kHz - bleibt aber wie vorher auf 60 dB begrenzt (wegen des Kopplungsfaktors k = 0.9995)

Uind0-Uind1-dB-10mOhm-k099995

Frequenzverlauf für Zt = 10 mOhm und k = 0.99995     (und L1 = L2 = 1 uH )


Erst durch den verbesserten Koppelfaktor läßt sich die maximale Schirmdämpfung auf 80 dB erhöhen



Im Hinblick auf reale Kabelschirmungen bedeuten diese Effekte:


- für maximale Wirkung bei niedrigen Frequenzen ist ein möglichst niedriger Schirmwiderstand Zt entscheidend, also viel Kupfer


- für maximale Wirkung bei höheren Frequenzen ist eine möglichst gute Verkopplung des Schirms mit der geschirmten Leitung notwendig, dafür ist neben einer möglichst lückenlosen Schirmhülle auch eine Anbindung ohne zusätzliche Induktivität erforderlich - sprich 360°  rundum - und keine Pigtails

Genervt von Formeln ?  Hier geht es ohne Formeln weiter:

Schirmung gegen Emission magnetischer Wechselfelder

Leitungsschirm-01e

Die Schirmung gegen die Emission magnetischer Wechselfelder funktioniert ähnlich wie die zuvor betrachtete Schirmung gegen von außen einkoppelnde Magnetfelder.


Im Bild ist eine einfache Leitung zu sehen, die an 2 Punkten mit einer leitenden Platte (z.B. aus Aluminium) verbunden ist.

An einer beliebigen Stelle wird jetzt der Stromfluss I1 in diese Leitung eingeprägt, der über die leitende Platte zum anderen Ende der Leitung zurückfließt. Dabei umgibt sich die Leitung mit dem Magnetfeld H - wobei ein magnetischer Fluß ø, entsprechend L I1, entsteht. L ist die Induktivität der Leitung.

Leitungsschirm-02e

Wird eine Kurzschlussleitung (Leitung 2) wie im obigen Bild dicht neben Leitung 1 angebracht, strömt der magnetische Fluss auch durch die Fläche der Kurzschlussleitung – und induziert dort einen Stromfluss in Leitung 2, in Gegenrichtung zu Leitung 1.


Der Strom I2 erzeugt seinerseits ein magnetisches Gegenfeld, das das Erregerfeld von Leitung 1 kompensiert – und zwar umso besser, je kleiner der Widerstand in Leitung 2 ist – und, je besser die Verkopplung von Leitung 1 und Leitung 2 .

I-dB-100mOhm-k0999

Simulation der Schirmwirkung für 100 mOhm Schirmwiderstand ( = Zt ) bei einer Induktivität von 1 uH für Leitung 1 und 2 und einem Kopplungsfaktor k von 0.999


I(L1) zeigt den Erregerstrom in Leitung 1 (hier 1 A), I(L2) zeigt den in Leitung 2 induzierten Gegenstrom


Der resultierende Summenstrom in beiden Leitungen, relativ zum Erregerstrom, ist ein Maß für die Schirmdämpfung

Die grüne Kurve I(L1) + I(L2), der Summenstrom aus beiden Leitungen  zeigt daher die Schirmdämpfung in Abhängigkeit von der Frequenz  für Zt = 100 mOhm, L1 = L2 = 1 uH und k = 0.999


Analog zur Angleichung des Gegenstroms I(L2) an den Erregerstrom I(L1), steigt die Dämpfung von etwa 10 kHz bis etwa 10 MHz stetig an - um dann konstant zu bleiben

I-dB-2-100mOhm-k0999
I-dB-10mOhm-k0999

Frequenzverlauf für Zt = 10 mOhm   (und L1 = L2 = 1 uH und k = 0.999)  


Mit dem um Faktor 10 geringeren Schirmwiderstand Zt, beginnt die Dämpfungswirkung schon ab 1 kHz - bleibt aber wie vorher auf 60 dB begrenzt (wegen des Kopplungsfaktors k = 0.999)

I-dB-10mOhm-k09999

Frequenzverlauf für Zt = 10 mOhm und k = 0.9999     (und L1 = L2 = 1 uH )  


Erst durch den verbesserten Koppelfaktor läßt sich die maximale Schirmdämpfung auf 80 dB erhöhen  


Im Hinblick auf reale Kabelschirmungen bedeuten diese Effekte:


- für maximale Wirkung bei niedrigen Frequenzen ist ein möglichst niedriger Schirmwiderstand Zt entscheidend, also viel Kupfer


- für maximale Wirkung bei höheren Frequenzen ist eine möglichst gute Verkopplung des Schirms mit der geschirmten Leitung

  notwendig,   dafür ist neben einer möglichst lückenlosen Schirmhülle auch eine Anbindung ohne zusätzliche Induktivität erforderlich -        sprich 360°   rundum - und keine Pigtails

Die hier gezeigten Herleitungen und Simulationen berücksichtigen keine Leitungstransformationen oder Leitungsresonanzen.

Sie eignen sich besonders gut für die Betrachtung von Leitungsschirmungen bei niedrigen Frequenzen unterhalb von starken Transformations-oder Resonanz-Effekten.


Beispiel:

Bei einer beidseitig mit Masse verbundenen Schirm-Leitung von 2 m Länge tritt die erste Resonanz bei 75 MHz, bzw. Lambda/2, auf.

Bis 10 MHz sind keine besonderen Abweichungen zu erwarten, bis 30 MHz keine allzu großen. Für kürzere oder längere Leitungen erhöhen, bzw. verringern sich diese Frequenzen entsprechend.

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